Newsletter 1/2020
Serielles Bauen und Sanieren
Liebe Leserinnen und Leser,
mit dem Neuen Bauen in den 1920er Jahren hielt der Ansatz von industriell gefertigten und seriell errichteten Gebäuden verstärkt Einzug in die Baukultur der Republik. Aus dem Anspruch heraus, moderne und bezahlbare Wohnungen zu errichten, entwickelten sich in den letzten hundert Jahren ganz unterschiedliche Gebäudetypen und Lösungen: Von Plattenbauten bis hin zu den Siedlungen der Berliner Moderne finden sich zahlreiche Beispiele dafür im gesamten Stadtgebiet. In abgewandelter Form ist die Aufgabenstellung auch heute wieder Thema für das Bauen. Die Aspekte von Klimaschutz und Energieeffizienz spielen heute jedoch eine ungleich größere Rolle – allerdings sind auch die technologischen Mittel sind seit dem Beginn des 20. Jahrhundert weiterentwickelt worden. Zwei Lösungsansätze möchten wir im Berlin-spart-Energie-Newsletter vorstellen.
Eine interessante Lektüre wünscht
Michael Scheuermann
Sanieren – Energiesprong Deutschland
Die Industrialisierung des 21. Jahrhunderts ist ihr digitales Update – liebevoll oft Industrie 4.0 genannt. Das Energiesprong-Prinzip nutzt die neuen Möglichkeiten und verbindet sie mit serieller Fertigung zu einem kosteneffizienten energetischen Update für Wohngebäude. Ziel dieses Ansatzes ist es, klimaneutrales Wohnen für alle bezahlbar zu machen. Ursprünglich wurde Energiesprong in den Niederlanden entwickelt und inzwischen sind in sechs Ländern Projekte in der Umsetzung. Der deutsche Ableger wurde 2018 ins Leben gerufen und wird von der Deutschen Energie-Agentur (dena) koordiniert.
Das erste Deutsche Energiesprong-Gebäude steht seit Ende 2019 in Hameln. Bis Ende dieses Jahres ist die Sanierung von etwa weiteren 300 Wohneinheiten geplant. Wann es den ersten Berliner Energiesprong geben wird, ist noch nicht bekannt. Informationen aus erster Hand können sich Interessierte jedoch am 5. März beim Energiesprong-Event holen. Passenderweise fällt das Datum auf den internationalen Tag des Energiesparens.
Bauen – Typenbau in Berlin
Die sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften haben sich zum Ziel gesetzt, qualitativ hochwertigen und bezahlbaren Wohnraum in Form von standardisierten Typenbauten zu entwickeln und zu realisieren. Anknüpfungspunkte für diese „Neuen Typen“ sind sowohl die städtebauliche Tradition des Siedlungsbaus ab den 1920er Jahren als auch die bautechnischen Überlegungen der DDR-Typenbauten ab den 1960er Jahren. Der Startschuss für das Neubauprogramm „Typenbau Berlin“ fiel im Sommer 2017. Ein Ergebnis des Programms ist beispielsweise auch unser Projekt des Monats (s.u.).
Auch im Bereich der öffentlichen Nichtwohngebäude spielt die Typenbauweise eine Rolle. Fast alle Schulbauten der DDR waren Typenbauten und viele sind teilweise heute noch in Benutzung. Im Rahmen der Schulbauoffensive setzt das Land Berlin wieder auf die Vorteile von Typenbauten: Mitte Januar wurde beispielsweise in Spandau der Grundstein für die erste Typensporthalle am Lily-Braun-Gymnasium gelegt. Die Fertigstellung ist für 2021 geplant.
Projekt des Monats: Typenhaus von STADT UND LAND
Mit dem Sechsgeschosser im Hellersdorfer Nordosten hat die STADT UND LAND den Prototypen für ihr neu entwickeltes Systemhaus errichten lassen. Das Gebäude besteht aus standardisierten Wohnmodulen, die auf der Baustelle einfach zusammengesetzt werden. Das erste Wohnhaus hat etwa 9.500 Quadratmeter Wohnfläche, die sich auf insgesamt 165 Ein- bis Vier-Zimmer-Wohnungen verteilen – davon sind 57 Wohnungen barrierefrei.
Ziel ist, ein Konzept für einen standardisierten Geschosswohnungsbau zu entwickeln, der nicht nur flächeneffizient und kostengünstig ist, sondern darüber hinaus einen hohen Wohnkomfort bietet und in der Lage ist, einen Beitrag zur Baukultur zu leisten. Mit den gewonnen Erkenntnissen aus der Umsetzung des Prototyps kann das Typenhaus dann wiederholt zum Einsatz kommen.
Weitere Informationen zum Thema
- Typenbau in Berlin: Publikation der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften (2017)
- Jeder m² Du – Das Plattenportal
- Rahmenvereinbarung für serielles und modulares Bauen Infoseite des GdW (2018/2020)
- „Höhere Förderung macht serielle Gebäudesanierungen attraktiv“ (Pressemeldung der dena, Jan. 2020)
Veranstaltungen zum Schwerpunkt
Bautec 2020 – Effizienz – Serielles Bauen im Bestand
BAKA Bundesverband Altbauerneuerung e.V.
Im Rahmen der Bautec 2020 lädt der BAKA Bundesverband zum intensiven Austausch von seriellem Bauen und Sanieren im Bestand. Sowohl technische Lösungen als auch politische Rahmenbedingungen werden in der ganztägigen Veranstaltung intensiv diskutiert...
18.02.2020
Programm und Anmeldung
Bautec 2020 – Fachkongress Serielles Bauen in der Digitalisierung
Bundesinnenministerium (BMI), GdW und Hauptverband der Deutschen Bauindustrie
Wie lässt sich bezahlbares und energieeffizientes Wohnen durch serielles Bauen und mit Mitteln der Digitalisierung umsetzen? Welche politischen Rahmenbedingungen sind für die Praxis relevant? Der Fahkongress Serielles Bauen erörtert dies im Rahmen der diesjährigen Bautec...
19.02.2020
Programm und Anmeldung
Net Zero Now! Event
Energiesprong Deutschland und Deutsche Energie-Agentur (dena)
Das „Net Zero Now! Event“ steht ganz im Zeichen heutiger und zukünftiger serieller Nullenergiesanierungen. Im Fokus liegt die Präsentation der ersten seriellen Net-Zero-Sanierungskonzepte von deutschen und internationalen Bauunternehmen. Innovative Wohnungsunternehmen können sich mit diesen Vorreitern und untereinander austauschen. ...
05.03.2020
Programm und Anmeldung
Building Life 2020
Build-Ing. und HUSS-Medien GmbH
Der Fachkongress Building Life 2020 befasst sich mit der Digitalisierung der Bau- und Immobilienwirtschaft über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes: Planen, Bauen, Betreiben, Rückbau, Recycling. Die Referent*innen sprechen aus der Praxis für die Praxis. Als Highlight wird der Young Professionals Award verliehen: Studierende stellen ihre Masterarbeiten zum Thema BIM vor – eine Fachjury kürt den Preisträger...
13.05.2020
Programm und Anmeldung
Themenverwandte Projekte
Da war ja noch was – Happy Birthday Plattenbau
Das Image des wohl bekanntesten Vertreters von Typenbauten hatte es die letzten Jahrzehnte nicht immer einfach. Die „Platte“ wurde als Lösung von Problemen und als zu lösendes Problem immer wieder gelobt und verschrien. Sie hat es in die Pop- und Musikkultur geschafft, wurde erforscht, totgesagt und wiederbelebt.
Einer ihrer bekanntesten Vertreterinnen feiert in diesem Jahr ihren 50. Geburtstag! Die Wohnbauserie 70 (WBS 70) ist mit knapp 645.000 gebauten Wohneinheiten der am weitesten verbreitete Typenbau der DDR in Plattenbauweise. Der Prototyp wurde Anfang der 1970er in Neubrandenburg errichtet und während der zwanzig Jahre ihrer Produktion wurde das Grundkonzept immer wieder optimiert. Für alle, die bisher gar keine Berührungspunkte hatten: STADT UND LAND hat neben neuen Typen auch noch den alten Typus auf Lager: Eine WBS 70 Museumswohnung in Hellersdorf kann im „Originalzustand“ besichtigt werden.
Die letzte gebaute Platte diesen Typs steht übrigens weder in Berlin noch Brandenburg… sondern in Schleswig-Holstein! Wie es dazu kam, hat der NDR auf seiner Homepage zusammengefasst.