Newsletter 11/2018
Bauen mit Holz
Liebe Leserinnen und Leser,
die Nutzung des Rohstoffs Holz durch den Menschen hat eine lange, bis heute andauernde Tradition. Gerade für Deutschland ist der Wald seit Jahrhunderten eine zentrale und wichtige Ressource. Wie aktuell die Diskussionen und Entwicklungen rund um Holzbau und -verbrauch sind, ist oftmals überraschend: Schon vor über 300 Jahren waren Nachhaltigkeit und Energieeffizienz in Gebäuden ein Thema. Daher startet diese Ausgabe mit einem Blick zurück – der eigentlich aktueller denn je ist.
Wir wünschen eine einsichtsreiche Lektüre
Michael Scheuermann, Robert Volkhausen
Das hölzerne Zeitalter – ein Rückblick
Die Zeit etwa bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts wird in der Forschung oft auch als das „hölzerne Zeitalter“ bezeichnet. Holz war die Schlüsselressource in fast allen Bereichen. Ob als Baumaterial, als Energielieferant oder für die Waren des täglichen Gebrauchs: Das Holz begleitete die Menschen von der Wiege bis zur Bahre – denn auch der Sarg war aus Holz.
Ein immer schnelleres Bevölkerungswachstum ab 1650 und die langsam aufkommende Industrialisierung mit Bergbau, Salinen und Glashütten ließen diese wichtige Ressource jedoch knapper werden. Der Holzeinschlag nahm zu und ab etwa Mitte des 18. Jahrhunderts sprechen die Zeitgenossen von einem Holzmangel bzw. teilweise von einer Holznot. Ob diese Not tatsächlich flächendeckend bestanden hat, ist zwar in der heutigen Forschung umstritten. Dennoch bildete sich ein Bewusstsein für eine befürchtete Energie- und Rohstoffkrise heraus. Und dieses Problem musste angegangen werden:
Verwaldung und Nachhaltigkeit
Der Kammer- und Bergrat Hans Carl von Carlowitz schreibt 1713 die Sylvicultura oeconomica – eines der ersten zusammenhängenden Werke der Forstwirtschaft und die Geburtsstunde des modernen Nachhaltigkeitsbegriffs.
Der Wald durfte nicht einfach geplündert werden. Planung und ein sorgsamer Umgang sollten Holz als zentrale Ressource langfristig erhalten und mehren.
Best Practice – anno 1780
Wilhelm Gottfried Ploquet verfasst 1780 das Werk Über den Holzmangel und die Mittel ihm abzuhelfen. Dahinter verbirgt sich ein handfester Energieeffizienz-Ratgeber. Seine Themen sind sehr modern: Steigende Kosten für Energieträger, Vermeiden von Ressourcenverschwendung, richtiges Heizen von Räumen, Gestaltung von Zimmergrundrissen, Dämmung von Fenstern bzw. Mauern (!) sowie eine Mahnung, die Wäsche nicht zu heiß zu waschen.
Holzbau heute
Nachhaltigkeit, Klimaschutz und der sorgsame Umgang mit Ressourcen sind aktueller denn je – und das Bauen mit Holz erlebt eine kleine Renaissance: Nachhaltiger Holzbau wird immer stärker nachgefragt und bietet zahlreiche Vorteile in puncto Gestaltung, Energieeffizienz und Klimaschutz – auch in urbanen Gebieten.
Mit der Charta für Holz 2.0 und dem Wettbewerb HOLZBAUplus fördert das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) die gezielte Verwendung von Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft – auch und gerade vor dem Hintergrund der globalen Klimaziele. Auf eine Art kehrt Nachhaltigkeit wieder zu ihren Wurzeln zurück: In den Wald.
Projekt des Monats
Mit rund 12.000 Quadratmeterm Nutzfläche in fünf Gebäuden entsteht in Berlin-Weißensee die derzeit größte Holzbausiedlung in Deutschland. Vielfältige Nachhaltigkeitsaspekte werden hier in einem Quartiersprojekt umgesetzt: Neben dem Einsatz von Holzbautechniken und Fernwärmeversorgung sind auch moderne Wohnungsformen und ein Modell für soziales Miteinander Teil des Konzepts.
Die Häuser in KfW40 Standard bieten Platz für Mehrgenerationenwohnen, Vermietung und Eigentumswohnungen. Kiosk, Kita und Schwimmbad sollen zudem Raum für Begegnung im Quartier geben.
Vorteile von modernem Holzbau
- Holz dient als CO2-Senke und leistet dadurch einen Beitrag zum Klimaschutz;
- Eine vierstöckige Rohbaukonstruktion aus Holz verbraucht weniger als die Hälfte an Primärenergie.
- Holzbau lässt sich in Modulbauweise realisieren, das bedeutet eine wesentlich schnellere Bauausführung.
- Das Raumklima im Inneren ist angenehm.
- Und nicht zuletzt hat das Know-how in Deutschland eine lange Tradition.
Berlin zum Thema
Berliner Modell für Holzbeschaffung
Die Berliner Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz (SenUVK) engagiert sich aktuell verstärkt beim Thema nachhaltige Beschaffung von Holz. Laut diesen Richtlinien dürfen Holz und Holzprodukte nur aus nachweislich legaler und nachhaltiger Waldbewirtschaftung stammen. Dazu wurde seit 2014 in mehreren Fachdialogen mit Stakeholdern ein Verfahren der Zertifizierung entwickelt, das dies gewährleisten soll. Dieses sogenannte „Berliner Modell“ der Beschaffung ist inzwischen in der Praxis angekommen: Fast 150 Berliner Handwerksbetriebe haben sich mittlerweile zertifizieren lassen und inzwischen wird das Verfahren analog von Bundesressorts übernommen.
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Änderung in der Bauordnung des Landes
Auch bei baulichen Vorschriften möchte Berlin den Holzbau fördern: Nach Baden-Württemberg und Hamburg ist Berlin das dritte Bundesland, welches seine Bauordnung entsprechend anpasst und Holzbauelemente als tragende Teile von Gebäuden zulässt. Ein wichtiges Thema war hier Standsicherheit im Brandfall. Kann diese nachgewiesen werden, ist eine Ausführung nun auch in Holz erlaubt.
Publikationen und Informationen
- Einen kompakten Einstieg zum Thema Holzbau: „Was sie schon immer über Holzhäuser wissen wollten, aber nie zu fragen wagten…“, Aachener Stiftung Kathy Beys.
- Eine aktuelle Ergänzung dazu bildet die Broschüre Holzhauskonzepte der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR) von 2018.
- Einen ausführlichen Vergleich von Holz- und Massivbau behandelt die Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen Kiel (ARGE e.V.) in einer Studie aus dem Jahr 2015.
- Baustoff-Portal des FNR mit vielen Themenbeiträgen zu Holzbau-Komponenten.
- Die Ausgabe 19/2018 des Newsletters "Grüne Beschaffung" der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz zum Thema urbaner Holzbau.
Veranstaltungen zum Schwerpunkt
12. Internationales Holzbau-Forum
Forum Holzbau
Das Forum steht unter dem Motto "Aus der Praxis – Für die Praxis" und versammelt die internationalen Akteuren aus der Holzbaubranche. Partnerland 2018 ist Australien. ...
5.12.2018 - 7.12.2018
Programm und Anmeldung
Auftakt zur Charta für Holz 2.0
Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft
"Wie wollen wir in Zukunft leben?" Ausgehend von dieser zentralen Frage beschäftigt sich am 11. Dezember 2018 die Auftaktveranstaltung zur Reihe "Charta für Holz 2.0 im Dialog" in Berlin mit aktuellen Herausforderungen und Trends im Bausektor. ...
11.12.2018 | 10:30 - 18:00
Programm und Anmeldung
BAU 2019
Messe München
Die BAU 2019 gilt als weltweite Leitmesse für Architektur, Materialien und Systeme. Experten aus aller Welt geben hier Antworten auf die große Frage nach der der Zukunft des Bauens.
14.01.2019 - 19.01.2019
Programm und Anmeldung
Internationale Grüne Woche Berlin
Messe Berlin
Die Internationale Grüne Woche ist einzigartig als internationale Ausstellung für Ernährung, Landwirtschaft und Gartenbau und hat auch in diesem Jahr wieder ein Themenblock zum "Multitalent Holz". ...
18.01.2019 – 27.01.2019
Programm und Anmeldung
Hamburger Holzbauforum 2018/2019
HBZ - Holzbauzentrum Nord, ZEBAU GmbH, u.a.
Das Hamburger Holzbauforum 2018/2019 fördert den Dialog zwischen ArchitektInnen, FachplanerInnen sowie Ausführenden und vertieft das Wissen rund um das Thema „Holzbau“. ...
mehrere Termine 2018 | 2019
Programm und Anmeldung
Themenverwandte Projekte
Und am Schluss: bringt es etwas?
Klimaschutz ist eine Aufgabe, die wir uns heute gesetzt haben, damit auch unsere Nachkommen gute Lebensgrundlagen vorfinden. Hierzu abschließend noch eine kleine Anekdote: Goethe reist 1797 in die Schweiz, auf seinem Weg trifft er den oben schon erwähnten Wilhelm Gottfried Ploquet in Tübingen. In seinem Reisetagebuch notiert Goethe bei der Durchfahrt des Schönbuchs, dass es sich wohl um eine Weide mit ein paar Eichen handeln müsse.
Heute ist der Naturpark Schönbuch das größte zusammenhängende Waldgebiet der Region Stuttgart und die rund 150 Quadratkilometer sind wieder zu rund 90 Prozent bewaldet. Es bringt etwas; ja.