Das Energiekonzept des Deutschen Bundestags

Altes Vorbild auf der Höhe der Zeit

Mit dem Umzug der Bundesregierung in die alte neue Hauptstadt wurde ganz nebenbei die Energiewende architektonisch bereits vorweggenommen. Der Anspruch an die neuen Bundestagsbauten inklusive des historischen Reichstagsgebäudes, das umfassend saniert und umgestaltet wurde, sollte den Aspekten von Klimaschutz und Energieeffizienz umfassend gerecht werden. Der enorme Anspruch hat sich ausgezahlt: Auch zwei Jahrzehnte nach dem Umzug ist das Energiekonzept nicht bloß auf der Höhe der Zeit, sondern sticht viele aktuelle Neubauten nach wie vor aus. Möglich macht dies ein ausdifferenziertes Konzept aus Systemen der Energieerzeugung, der Energieübertragung und des Verbrauchs.


Konzeptionelle Vorgaben: Fokus auf Ökologie

Schon zu Beginn der Planung der Umgestaltung des Reichstagsgebäudes gab es zahlreiche ökologische Vorgaben an das neue Machtzentrum der Bundesrepublik. Hierzu zählte unter anderem die Forderung nach weitgehender Nutzung von erneuerbarer Primärenergie sowie eine hohe Verfügbarkeit dieser. Die dezentrale Energieerzeugung sowie der Energieverbund von Reichstag und Parlamentsgebäuden im Spreebogen war somit die Keimzelle aller Techniken und Maßnahmen, die umgesetzt wurden. Im Kern erzeugen vier Blockheizkraftwerke die Energie für die Parlamentsgebäude – Reichstag, Jakob-Kaiser- und Paul-Löbe-Haus –, gefeuert werden die KWK-Anlagen mit Biodiesel, der Berlin-nah angebaut und verarbeitet wird. Die Abgase werden dabei durch eine fortschrittliche Kopplung mehrerer Filterverfahren (Rußfilter, Reduktions-, Oxydationskatalysatoren) gereinigt, überschüssige Wärme wird ihnen entnommen und in die Heizkreislauf der Gebäude eingespeist.

Wärme: Erzeugung & Speicherung

Die Wärme aus KWK und Abgasen reicht weitgehend aus, um die Gebäude zu beheizen. Für Spitzenzeiten oder einen Ausfall der Systeme gibt es zusätzliche Heißwasserkessel, in der Regel kann allerdings Überschusswärme erzielt werden, die in einen geothermischen Speicher 300 Meter unterhalb der Gebäude überführt und zu späteren Zeiten, vorwiegend im Winter, genutzt werden kann. Das 20 Grad warme Wasser aus dem Untergrund wird hierzu im Sommer an die Oberfläche gepumpt, auf 60 Grad aufgeheizt und wieder in die Tiefe gepresst. Im Winter steht es dann mit anfangs 55 Grad zur Verfügung – dieser natürliche Speicher kann dann genutzt werden, bis er sich auf 30 Grad abgekühlt hat.

Kälte

Im Sommer wird die erzeugte Wärme außerdem anteilig genutzt, um über drei Absorptionskältemaschinen die Gebäude zu kühlen. Um die Anlagen zu schonen wird die Grundkühlung der Gebäude allerdings über Grundwasserbrunnen bewerkstelligt, die im Winter mit 6 Grad kaltem Wasser befüllt werden, das im Sommer wieder an die Oberfläche gepumpt wird, bis 11 Grad Kerntemperatur erreicht sind. Als Backup für Spitzenzeiten stehen außerdem mehrere dezentral installierte Kompressionskältemaschinen zur Verfügung.

Stromversorgung

Neben den in den BHKW produzierten Strommengen verfügt das Gebäudeensemble über weitere fortschrittliche Techniken zur Stromgewinnung. Sofern doch einmal Strom aus dem öffentlichen Netz hinzugekauft werden muss, entspringt dieser zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen.
Auf allen drei Gebäuden des Parlamentsparks befinden sich Photovoltaik-Anlagen, die damals im Rahmen eines Demonstrationsprogramms des Bundesbauministeriums dort installiert wurden – auch, um die Potentiale dieser Technologie frühzeitig aufzuzeigen. Insgesamt wurden 3.600 m² Kollektorfläche verbaut, und zwar unterschiedlichste Anlagensysteme und –typen, teilweise mit automatischer Sonnenstands-Nachführung. Der so gewonnene Strom wird vollständig in das hauseigene Netz eingespeist.

Energieeffiziente Haustechnik

Damit die eigenproduzierte Energie im Regelfall ausreicht, um den gesamten Bedarf zu decken, sind energieeffiziente Maschinen und Geräte unerlässlich. Dies wird in den Parlamentsgebäuden beispielsweise durch den Einsatz von effizienten Lüftungsanlagen mit geringen Antriebsströmen oder dem Rückgriff auf „natürliche Belüftung“ erreicht. Hinzu kommen passive und aktive Sonnenschutzmechanismen wie beispielsweise die auffälligen Verschattungslamellen in der Kuppel des Reichstagsgebäudes, die dem Sonnenstand nachgeführt werden kann, um den direkten Lichteinfall – der üblicherweise über den verspiegelten Kegel in der Gebäudekuppel sogar gebündelt wird, um durch natürliche Beleuchtung des Plenarsaals Energie zu sparen – zu reduzieren. Eine optimierte Wärmedämmung, entsprechend isolierte Fenster und Türen sowie der Rückgriff auf LED-Beleuchtung verstehen sich von selbst.

Energie im Verbund

Ein alle Bundestagsbauten verbindendes Energieverbundnetz ermöglicht es, je nach Bedarf die dezentral erzeugten Energien jederzeit zu den aktiven Verbrauchern zu transportieren, so dass die Gebäude sich je nach Bedarfslage wechselseitig mit Strom und Wärme versorgen. Das Wärmenetz arbeitet diesbezüglich mit Transfertemperaturen von 110°C, das Stromnetz mit 10kV Leistung. Alle Häuser speichern darüber hinaus Kälte und können über ein Kaltwassernetz das benötigte Frischwasser ebenfalls im Verbundnetz verteilen. Manuelle Eingriffe sind hier zwar möglich, grundsätzlich funktioniert das entsprechende Energiemanagement allerdings vollautomatisch.

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