Newsletter 2/2020
Digitale Energiewende – Smart Meter Rollout
Liebe Leserinnen und Leser,
eine wichtige Voraussetzung für das Gelingen der Energiewende ist das Zusammenspiel von vielen verschiedenen Akteuren. Erzeuger, Netze und Verbraucher müssen aufeinander abgestimmt werden, damit sie als Netzwerk zusammenarbeiten können und die Energie dorthin gelangt, wo sie benötigt wird. Die Energiewende ist deshalb nicht nur erneuerbar, sondern auch digital und dezentral. Ein Meilenstein auf diesem Weg ist der sogenannte Smart Meter-Rollout. Damit sollen eine dezentrale Energieerzeugung und -nutzung unterstützt und die Stromnetze intelligenter werden.
Eine interessante Lektüre wünscht
Michael Scheuermann
Der Weg bis zum Rollout
Wann geht es denn nun los mit dem Rollout? Eigentlich jetzt, wahrscheinlich aber eher bald und nicht für alle sofort. Die Gründe dafür lassen sich wie folgt skizzieren:
EU-Richtlinie und der RolloutPlus in Deutschland (2009-2013)
Die ersten Tuschestriche bildet die Novellierung einer EU-Richtlinie im Jahre 2009. Die Richtlinie über die gemeinsamen Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt löst ihre Vorgängerin von 2003 ab. Darin soll neben der Förderung des EU-Binnenmarkts im Verbundnetz auch die Transparenz beim Stromverbrauch für die Endkunden verbessert werden. Die Hoffnung dahinter ist, dass dadurch Anreize zum Energiesparen und zum intelligenten Energieeinsatz geschaffen werden. Das Ziel der Richtlinie war, dass bis 2020 mindestens 80 Prozent der Verbraucher mit intelligenten Messsystemen ausgestattet werden. Die Bedingung dafür war damals, dass eine „wirtschaftliche Bewertung positiv ausfällt“.
In Deutschland wird dies mit einer vom BMWi beauftragten Studie vorgenommen. Diese kommt 2013 zum Schluss, dass sich eine allgemeine Einbauverpflichtung unterm Strich gesamtwirtschaftlich (noch) nicht rechnet. Vorgeschlagen wird stattdessen ein „RolloutPlus“: Zunächst sollen die Messpunkte mit intelligenten Messsystemen ausgestattet werden, bei denen der größtmögliche gesamtwirtschaftliche Nutzen zu erwarten ist. Parallel dazu wird empfohlen, den Rechtsrahmen anzupassen, um auch für die übrigen Verbraucher eine Wirtschaftlichkeit zu erreichen.
Digitalisierung der Netze und Sicherheitsanforderungen (2016-2018)
In Deutschland wurde schon relativ früh eine vergleichsweise leistungsfähige technische Umsetzung eines intelligenten Messsystems angestrebt. Dazu wurden umfangreiche Anforderungen erstellt, die sowohl Steuerung als auch Regelung ermöglichen sollen (Neben Deutschland planen nur Finnland und Schweden eine Fernsteuerbarkeit ihrer Smart Meter-Systeme). In diesem Zusammenhang wurden auch Datensicherheit und Datenschutz besonders berücksichtigt und das BSI damit beauftragt, dies zu gewährleisten. 2016 wurde schließlich das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende verabschiedet, in dem der rechtliche Rahmen für Smart Meter und die jeweiligen Gateways verabschiedet wurde.
Zwei Jahre später wurde das erste Smart Meter-Gateway durch das BSI zertifiziert. Damit entspricht es den technischen und rechtlichen Anforderungen, die für einen Einsatz im deutschen Markt gelten sollen. Laut Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) muss das BSI die technische Möglichkeit des Einbaus von intelligenten Messsystemen feststellen. Diese ist aber erst dann gegeben, wenn ein Markt für diese Systeme besteht und mindestens drei verschiedene Systeme angeboten werden.
Zertifizierung, Martkerklärung und Rollout (2019-2020)
Mit dem 31. Januar 2020 ist diese Anforderung nun auch erfüllt: Mit der Zertifizierung des dritten Smart Metering-Systems und der Veröffentlichung der Marktanalyse durch das BSI ist die technische Möglichkeit des Einbaus gegeben und der Rollout kann beginnen. Dementsprechend beginnen nun auch Messstellenbetreiber mit dem Einbau von Geräten, beispielsweise auch Stromnetz Berlin.
Projekt des Monats: cube berlin
Der cube berlin mit seiner markanten Glasfassade wurde von CA Immo als Smart Commercial Building entwickelt. Dadurch wird sowohl der Betrieb des Gebäudes deutlich effizienter als auch zahlreiche zusätzliche Serviceangebote für die Büromieter ermöglicht. Ziel dieser innovativen und prototypischen Entwicklung war es, den Betrieb des Gebäudes durch den Einsatz von vernetzter, digitaler Technik effizienter zu gestalten und gleichzeitig den Mietern des Gebäudes zusätzliche Services anzubieten. Zentrales Bedienelement ist dabei das eigene Smartphone: alle für die Mieter relevanten Funktionen können über eine eigens entwickelte Gebäude-App bedient werden.
Zudem wurde das Solitärgebäude am Berliner Hauptbahnhof als Green Building entwickelt: Von der Planungsphase bis zum Betrieb wurde auf die Einhaltung strenger Nachhaltigkeitskriterien geachtet. Um die Energieeffizienz des Gebäudes zu steigern, kamen eine Vielzahl innovativer Lösungen zum Einsatz. Der ausgewogene Mix von ökologischen, sozialen und ökonomischen Nachhaltigkeitskriterien wird im Ergebnis eine Zertifizierung durch die Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB) in Gold ermöglichen.
Weitere Informationen zum Thema
- Infoseite zum Thema Smart Grid bei Stromnetz Berlin
- Orientierungshilfe datenschutzgerechtes Smart Metering (Datenschutz Berlin, 2012)
- „Is Europe ready for the smart buildings revolution?“ (BPIE, 2017; engl.)
- Smart Meter – Umfeld Technik Mehrwert (FfE e.V./BMWi, 2018)
- Mehrteilige Online-Serie zu Smart Metering (FfE e.V.)
- Infoseite des Bundesverbands der Verbraucherzentralen zum Smart Meter Rollout
- Webseite der Initiative SmartHome Deutschland
Veranstaltungen zum Schwerpunkt
ENERGIE.CROSS.MEDIAL – Wie kann dienKonvergenz der Systeme gelingen?
EFO Energieforum
Nicht nur die Strom- bzw. Energiewirtschaft befindet sich seit Jahren in einem gravierenden Veränderungsprozess; auch die Grundstoffindustrie, der Mobilitätssektor und die Quartiersentwicklung sind aufgefordert, zukünftig ihre CO2–Emissionen drastisch zu senken. Folglich wird in allen Branchen darüber nachgedacht, welche technologischen Möglichkeiten es dafür gibt. Die Sektorenkopplung wird als ein Schlüsselbaustein angesehen...
10/11.03.2020
Programm und Anmeldung
BASECAMP Berlin: Energiewende und Digitalisierung
WZGE – Wittenberg Zentrum für globale Ethik
Der Ende Januar erfolgte Smart Meter-Rollout hat den Startschuss für die nächste Stufe der Digitalisierung der Energiewende gegeben. Doch wie lassen sich die Potenziale der Digitalisierung für die Energiezukunft nutzen und zugleich die Selbstbestimmung des Einzelnen schützen?...
12.03.2020
Programm und Anmeldung
Energy Efficiency Hack 2020
Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz e.V. – DENEFF
Ein oft vergessener Kernaspekt der Energiewende ist die massive Reduktion des Energiebedarfs. Viele Ansätze für gesteigerte Effizienz sind bereits vorhanden – allerdings finden Sie oftmals nicht Ihren Weg zum Endverbraucher. Mit digitalen Ansätzen soll sich dies jedoch ändern und der EE-Hack bringt Industrie, Forschung und Start-Ups für diese Lösung dieser Challenge zusammen ...
22./23.03.2020
Programm und Anmeldung
StartUp Energy Transition – Tech Festival 2020
Deutsche Energie-Agentur (dena) & World Energy Council
Das Tech Festival bringt ein globales Netzwerk von Innovatoren zusammen, die die Zukunft der Energie gestalten. Die eintägige Veranstaltung ermöglicht den Teilnehmern den Zugang zu den besten Start-ups und herausragenden Unternehmern im Bereich Energielösungen sowie zu innovationsgetriebenen Unternehmen, Investoren und öffentlichen Organisationen, die die Energiewende leiten....
24.03.2020
Programm und Anmeldung
Themenverwandte Projekte
Pojekt Cybersyn – der kurzlebige Vorläufer eines Smart Grids (1971-1973)
Anfang der 1970er Jahre wurde in Chile während der Präsidentschaft von Salvador Allende das Projekt Cybersyn gestartet. Dabei handelte es sich um ein System, das vor allem ökonomische Entscheidungen durch Computertechnik unterstützen und erleichtern sollte. Es bestand im Wesentlichen aus einem Netzwerk aus Fernschreibern, die mit einem zentralen Computer in Santiago verbunden waren (Cybernet), einer ökonomischen Modellierung des Landes (Cyberstride) und einem zentralen futuristischen Kontrollraum, in dem alle Informationen zusammengeführt wurden. Ziel war eine kybernetische Steuerung und Regelung der chilenischen Wirtschaft, und damit mittelfristig auch Prognosen für die Produktion und Verteilung von Gütern treffen zu können.
Eingebettet war diese frühe volkswirtschaftliche Groupware in die Ideale des chilenischen Sozialismus. Der von der CIA unterstützte Militärputsch im Jahre 1973 beendete das Projekt jedoch abrupt. Der ikonische Kontrollraum sowie die Computerinfrastruktur wurden zerstört und die Arbeiten an Cybersyn eingestellt.